Donnerstag

Heute haben
Adalbert Stifter * 1805
James McNeish * 1931
Wassili Below * 1932
Michael Crichton * 1942
Dagmar Leupold * 1955
Geburtstag
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Adalbert Stifter
In der Ferne

Was kann mich von ihr trennen,
mir ihre Näh‘ entziehn?
Mein Geist flieht aus der Ferne,
verlangend zu ihr hin.

Will leise mit ihr flüstern
in einer Blume Duft;
um ihre Wangen kosen
im Hauch der Abendluft.
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Großer Besuch bei uns in der Buchhandlung.
Lesemaus und ein Olchi wollten unbedingt schauen, wo denn ihre Bücher stehen und haben nebenher Infozettel für die „Kinder- und Jugendliteraturtage Ulm“ verteilt. Ein riesiges Programm, in dem unter anderem Andreas Steinhöfel, dessen neues Buch: „Anders“ ich am Montag vorgestellt habe, im Alten Theater Ulm (Wagnerstr.1 / Scholl Gymnasium) liest.
Mittwoch, 12.11.2014 14:30
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Und wo wir schon bei den Phantasiewesen der Kinderbücher sind, hier der langersehnte zweite Band von Orbi, dem kleinen Roboter.

Orbi

Thomas Christos: „Orbis Abenteuer“
Ein kleiner Roboter lässt es scheppern
Illustrator: Barbara Scholz
S.Fischer Verlag € 9,99
ab 6 Jahren

Es scheppert gleich zu Beginn des Buches. Zuerst knallt Orbi mit seinem Orbikopter, bei dem Versuch ein Murmeltier zu retten, gegen eine Felswand, dann werfen die vier doofen Jungs das Geburtstagsgeschenk  von Frederike an Linus in den Teich, so dass es eingebeult ist und ein krummes Bein hat. Das Geschenk war ein kleiner, aufziehbarer Blechroboter. Beide warteten auf Orbi, der sich für das Geburtstagfest angekündigt hat, aber wegen des Blechschadens im Gebirge nicht rechtzeitig kommen konnte.
Also gleich zu Beginn viel Geschepper und Blechschäden. Und miese Stimmung bei den beiden Freunden. Aber wir haben ja Orbi, der selbst von sich immer in der 3.Person redet. Er rettet natürlich das Murmeltier, repariert natürlich seinen Orbikopter, ersetzt die verstopfte Trompete durch eine alte Plastikflasche, benutzt noch eine herumliegende Plane als Segel und klopft mit einem Tag Verspätung ans Fenster von Linus. Dass jetzt die Freude natürlich riesig ist, könnnen Sie sich vorstellen. Nun kommt Robi an die Reihe. In einer Szene mit Gewitter und Blitz und Donner (Ah: Frankenstein, sagen wir Erwachsene) wird er oper… äh repariert, werden Teile eines Taschenrechners eingebaut und mit einem Blitzkurzschluss macht er die Augen auf und spaziert durch das Zimmer. Da Orbi ihm noch ein paar Solarzellen aufs Blech schraubt, ist er jetzt auch netzunabhängig und muss nicht mehr aufgezogen werden.
So weit so gut. Wären da nicht die blöden Jungs, an denen es sich zu rächen gilt, (klappt wunderbar!) und die Ausbrecher Kralle und Eddy, die wir aus dem ersten Band kennen. Beide sitzen noch im Gefängnis und versuchen zweimal auszubrechen, was aber nie gelingt, das sie es immer in der Nähe des Gefängnisdirektors Herr Hampel… äh Hantelmann versuchen. Dieser wundert sich, warum die beiden so hartnäckig versuchen aus dem Gefängnis zu kommen, da sie eh am nächsten Tag entlassen werden.
Sie merken: eine prima Voraussetzung für eine wilde Verbrechergeschichte. Und das wird es auch. Mit Kronenklauen, Entführungen und Verfolgungsjagden.
Dies alles schreibt Thomas Christos (ein Drehbuchschreiber, der schon sackweise fürs Fernsehen gearbeitet hat) aber sehr brav und lustig für das zweite Lesealter und einfach zum Vorlesen. Hier ist es nie gruselig, sondern sehr lustig. Z.B. wenn der Gangster Kralle seinen tieferbegabten Kollegen Eddy als „Dreiminutenei“ bezeichnet. Da musste ich beim Vorlesen erstmal stoppen, damit die Enkelin sich auslachen konnte. Den Ausdruck hatte die Berlinerin auch noch nie gehört.
Dass die Geschichte gut ausgeht, müsste ich nicht schreiben.
Eine tolle, freche, lustige Geschichte für Jungs und Mädels und sehr zum Vergnügen der VorleserIn, mit vielen passenden Illustration von Barbara Scholz.

Leseprobe
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Neue CDs von Putumayo:

Cafe

Hier können Sie reinhören

Yoga

Hier können Sie reinhören
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Silvester

Nur nichts erwarten diesmal.
Vielleicht einfach das Essen genießen. Einen Wein bestellen, dessen Bodensatz dunkel im Glas hängen bleibt. Nur dasein. Keineswegs auf die Uhr schauen. Keine Überraschungen, keine bedeutungsvolle Worte. Schon gar kein Feuerwerk. Niemandem lästig fallen mit meinem Silvestertrick, auch Silvan nicht.
Zu Hause bleiben, das nicht unbedingt.
Irgendwohin, wo kein großer Rummel stattfindet, diese paar Stunden, diesen schmalen Übergang zwischen den Jahren, hinter mich bringen, ohne etwas Besonderes zu erwarten.

Aus: Silvia Trummer: „Grenzgänge“. Erzählungen
Silvia Trummer liest bei uns am Dienstag, den 28.10. um 19 Uhr

Donnerstag

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Nicht vergessen:
Freitag, 17.1. um 19 Uhr
Clemens Grote liest „Kühe in Halbtrauer“ von Arno Schmidt
Eintritt frei
Wir beginnen pünktlich
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Heute haben
Kurt Tucholsky * 1890
Karel Capek * 1890
Simone de Beauvoir * 1908
Heiner Müller * 1919
Klaus Schlesinger * 1937
Gisbert Haefs * 1950
Benjamin Lebert * 1982
Geburtstag.
Das ist mal eine illustre Gesellschaft.

Als Nachklapp zum Fest vor ein paar Wochen:

Kurt Tucholsky
Weihnachten

So steh ich nun vor deutschen Trümmern
und sing mir still mein Weihnachtslied.
Ich brauch mich nicht mehr drum zu kümmern,
was weit in aller Welt geschieht.
Die ist den andern. Uns die Klage.
Ich summe leis, ich merk es kaum,
die Weise meiner Jugendtage:
O Tannebaum!

Wenn ich so der Knecht Ruprecht wäre
und käm in dies Brimborium
– bei Deutschen fruchtet keine Lehre –
weiß Gott! ich kehrte wieder um.
Das letzte Brotkorn geht zur Neige.
Die Gasse gröhlt. Sie schlagen Schaum.
Ich hing sie gern in deine Zweige,
o Tannebaum!

Ich starre in die Knisterkerzen:
Wer ist an all dem Jammer schuld?
Wer warf uns so in Blut und Schmerzen?
uns Deutsche mir der Lammsgeduld?
Die leiden nicht. Die warten bieder.
Ich träume meinen alten Traum:
Schlag, Volk, den Kastendünkel nieder!
Glaub diesen Burschen nie, nie wieder!
Dann sing du frei die Weihnachtslieder:
O Tannebaum! O Tannebaum!

Und gleich noch eins hinterher:

Silvester

Im niedern Zimmer
zieht sich der Pfeifenrauch in dicken, blauen Schwaden.
Der Nachtsturm rüttelt an den Fensterladen;
die brave Lampe leuchtet mir wie immer.

Wie stets glüht mir der rote Wein
im festen Glase mit dem Kaiserbilde;
ein stiller Wein – er mundet mir so milde –
ich träum ins Glas – was spiegelt sich darein?

Vier lange Jahre.
Es hieß sich immer wieder, wieder ducken
und schweigen und herunterschlucken.
Der Mensch war Material und Heeresware.

Das ist vorbei.
Was ist uns nun geblieben?
Wo ist das Deutschland, das wir ewig lieben?
Wofür die Plackerei?

Für nichts.
Ich tue einen Zug – die Pfeife knastert –
Was hat man uns gebetet und gepastert –
Tag des Gerichts!

Und wißt ihr, wer uns also traf?
Der Koksbaron und der Monokelträger,
das Bürgerlamm und der Karrierejäger –
Ihr lagt im Schlaf.

So wacht heut auf!
Wir trugen unser Kreuz und jene ihre Orden
wir sind gestoßen und getreten worden:
Muschkot, versauf!

Vergeßt ihr das?
Denkt stets daran, wie jene Alten sungen!
Ich aber komm euch in Erinnerungen
ein volles Glas -!
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Fangen wir doch gleich mal mit einem Werbefilmchen für das Buch an:

Nora Gantenbrink: „Verficktes Herz
Rowohlt Verlag € 12,99
als eBook € 10,99

Ganten

„Liebeskummer ist das größte Arschloch, das es gibt. Und das Problem ist, dass es so ein unlösbares Problem ist. Dass du ja nichts dagegen tun kannst. Außer warten. Die Lösung des Problems ist also: Das Warten muss gut sein, verdammt gut. Im Warten braucht es Yoga, braucht es Rausch, braucht es gute Geschichten und noch bessere Kurzgeschichten.“
Ein starker Start für diesen schmalen Band mit 14 Erzählungen, der 1986 geborenen Autorin, die mittlerweile als Journalistin für den Spiegel schreibt. Diesen Hauptberuf merkt man den Geschichten an. Sie sind flüssig geschrieben: knapp, präzise und auf den Punkt gebracht. Nora Gantenbrink schreibt über die Liebe in den verschiedensten Varianten, über Sex ohne Liebe, Verlust und Sehnsucht. Über ein Zuhause, die eigenen vier Wände und über Menschen, die keines haben. „Verficktes Herz“ ist dann auch gleich die erste Geschichte und mit so einem Buchtitel hat man natürlich einen Hingucker. Da war der Verlag pfiffig, hat das schmale Bändchen schön gestaltet und zum Hingucker gemacht.
Wo wir gerade den „Silvester“ von Kurt Tucholsky hatten; auch hier gibt es eine prima Silvestergeschichte, in der die Hauptperson zu einem privaten Fest zum Jahreswechsel eingeladen worden ist. Eigentlich aus Notlösung und auch ihr kommt es komisch vor, dass sie dorthin geht. Jedoch will sie sich nicht langfristig festlegen, sondern nur noch spontan den Jahreswechsel feiern. Die zwei Pärchen, die schon ums Essen sitzen, dürfen nicht reden, weil zu erst „Ekel Alfred“ in der Glotze kommt und dann „Dinner For One“. Also ein Muss für jeden Silvesterabend, der auch so zelebriert werden soll. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als Bekannte des Wohnungsbesitzer, dessen Freundin das Sagen hat, das Zimmer stürmen, schwer angeschlagen sind und diverse Überraschungen im Gepäck haben. Die Silvesterfeier eskaliert, es kommt zu großen Streitereien, Zerwürfnissen, einer eingeschlagene Tür und die Polizei taucht auch noch auf. Aus dem trauten geplanten Zusammensitzen, wurde dann doch noch ne wilde Party.
Nora Gantenbrinks Erzählungen lesen sich in einem Rutsch weg. Sie überzeugen nicht immer, haben jedoch einen eigenen Ton und ich hoffe, wir dürfen noch mehr von der jungen Autorin lesen. Vielleicht nicht gleich einen Roman, aber noch ein Bändchen mit Geschichten fände ich sehr prima.

Leseprobe