Donnerstag, 8.September

Heute haben
Eduard Mörike * 1804
Frédéric Mistral * 1830
Wilhelm Raabe * 1831
Alfred Jarry * 1873
Michael Frayn * 1933
Helga Novak * 1935
Matt Ruff * 1965
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Eduard Mörike
Auf einem Kirchturm

Ein Glockentonmeer wallet
Zu Füßen uns und hallet
Weit über Stadt und Land.
So laut die Wellen schlagen,
Wir fühlen mit Behagen
Uns hoch zu Schiff getragen
Und blicken schwindelnd von dem Rand.
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Jetzt als Taschenbuch:


Shida Bazyar: „Drei Kameradinnen
Kiepenheuer&Witsch Verlag € 13,00

Viel mag ich über diesen Roman gar nicht schreiben, denn die Autorin legt so viele Fallstricke aus, dass ich oft nicht mehr wusste, welches Spiel sie mit mir treibt. Gleich zu Beginn, nach einem Zeitungsartikel als Prolog, stellt sie klar, dass sie haargenau alles aufschreiben will, was bis zu dieser bestimmten Nacht, in der ein Haus gebrannt hat und Menschen darin gestorben sind, passiert ist. ein Satz später verwirft sie ihre Aussage wieder.
Den Titel hat sie dem Roman „Drei Kameraden“ von Remarque entliehen, nur dass sie einen Roman mit drei Freundinnen schreiben wollten. Diese drei jungen Frauen sind mit ihren Familien nach Deutschland gekommen, geflüchtet, eingewandert und leben ihr Leben viel viele andere jungen Menschen. Sie gehen auf Partys, sie trinken, verlieben sich, reden, diskutieren, gehen zum Arbeiten oder Studieren. Und doch leben sie auch ein ganz anderes Leben in mitten von Ausländerhass, Rassismus, Sexismus und Gewalt von Rechten und Rechtsradikalen.
Shida Bazyar lässt die Erzählerin mit viel Witz, bissigem Humor aufschreiben, wie diese drei Frauen sich durch den Alltag kämpfen. Drei verschiedene Charaktere, wobei eine, die Erzählerin uns immer wieder direkt anspricht, anklagt, verhöhnt und uns in die Irre führt.
Ich könnte noch so viel über dieses sehr aktuelle Buch schreiben, das mir außerordentlich gut gefallen hat und in dem ich in alle Fallengruben geflogen bin, die Shida Bazyar ausgelegt hat.
Eine starke Lektüre, die radikal offen legt, was hier in Deutschland falsch läuft und das sich, durch seine freche, ironische Schreibe extrem gut liest.
Ja: Lesen.

Leseprobe

Dienstag, 23.August

Heute haben
Alfred Lichtenstein * 1889
Georges Perros * 1923
Ephraim Kishon * 1924
Nelson DeMille * 1943
Ilija Trojanow * 1965
Geburtstag
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Alfred Lichtenstein
Sommerabend

Faltenlos sind alle Dinge,
Wie vergessen, leicht und matt.
Heilighoch spült grüner Himmel
Stille Wasser an die Stadt.

Fensterschuster leuchten gläsern.
Bäckerläden warten leer.
Straßenmenschen schreiten staunend
Hinter einem Wunder her.

… Rennt ein kupferroter Kobold
Dächerwärts hinauf, hinab.
Kleine Mädchen fallen schluchzend
Von Laternenstöcken ab.
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Jetzt als Taschenbuch:


Susann Pásztor: „Die Geschichte von Kate und Easy
Kiepenheuer und Witsch Verlag € 13,00

Damals 1973 waren sie sechzehn, Kat und ihre Freundin Easy. Easy möchte alles erleben, was Kate aus ihrer Sicht schon hat. Drogen, Partys und die Liebe. Die Kleinstadt ist eng, Schulpartys langweilig und das eigentlich verbotene Jugendzentrum wird natürlich heimlich besucht . Erste Rockkonzerte und Hesse darf natürlich auch nicht fehlen, und da ist Frippe im kariertem Hemd, in den sich beide verlieben. Und es gibt noch Lothar, der überzeugt ist, dass zu Pink Floyd eine gute Tüte gehört, für die er aber immer Stunden braucht, um sie zu bauen.
Fast ein halbes Jahrhundert später treffen sich die beiden Frauen auf Kreta wieder. Die Liebelei damals endete tragisch und auch die Freundschaft zerbrach ohne Worte. Zwei ältere Damen, die ein großes Stück des Lebens, jede auf ihre Art, gemeistert haben, stellen erstaunt fest, wie diese eigentlich kurze Episode, ihr Leben bis heute prägt.
Ein tolles Sommerbuch, gute Unterhaltung für den Liegestuhl im Schatten und wir Graugewordenen sind wieder ein bisschen sechzehn.

Mittwoch, 9.März

Gestern hatte ich die heutigen Geburtstagskinder veröffentlicht:
Peter Altenberg * 1859
Agnes Miegel * 1879
Umberto Saba * 1883
Vita Sackville-West * 1892
Marie Cardinal * 1929
Ota Filip * 1930
Keri Hulme * 1947
Geburtstag.
Es ist der Todestag von Charles Bukowski.
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“What matters most is how well you walk through the fire”
Charles Bukowski
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Unser Buchtipp:


Hilmar Klute: „Oberkampf
Kiepenheuer&Witsch Verlag € 12,00

Gerade lese ich „Yoga“ von Emmanuel Carrère, in dem unter anderem das Attentat auf Charlie Hebdo Raum einnimmt. Und heute erscheint die Taschenbuchausgabe von „Oberkampf“, das mit diesen Morden beginnt.
Der Roman spielt im Jahr 2015. Jonas ist in den Vierzigern, löst sein Büro in Berlin auf, trennt sich von seiner Partnerin und zieht auf Verlagskosten nach Paris, um dort die Biografie von Richard Stein, einem alten österreichischen Schriftsteller, zuschreiben.
Klute bedient sich aller Klischees, die wir über intellektuelle Männer in der Mitte ihres Lebens kennen. Er nimmt Paul Nizon als Vorbild für Richard Stein. Er breitet jeden Mythos über Pariser Flair, Cafés, Brasserieren, Musik, das französische Lebensgefühl aus. Er lässt Jonas schon in der ersten Nacht über die zwanzig Jahre jüngere Christine stolpern. Er findet aber als Autor ein sehr gelunges Gegengewicht in der Sprache, den Formulierungen und Assoziationen.
Dazu kommt noch, dass kurz nach Jonas‘ Ankunft das Attentat auf Charlie Hebdo verübt wird und vieles nicht mehr so ist, wie kurz zuvor. Jonas erlebt hautnah, was mit seinen Mitmenschen nach diesen Morden passiert. Wie sie denken, reden und reagieren. Gleichzeitig ist Jonas selbst in seinem unaufgeräumten Leben verstrickt und hat auch noch den extrentischen, narzistischen, übergriffigen alten Autoren am Hals.
„Oberkampf“ ist ein leicht zu lesender Roman voller Anspielungen auf unsere brüchigen Existenzen, vermischt mit dem Chaos in der so „sicheren“ westlichen Welt.
Doch das Leben geht weiter und endet damit, dass Jonas sich mit Christine bei einem Punk-Konzert im Pariser Musikclub Bataclan trifft.
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tagesschau.de meldet gestern abend:

36,3 Milliarden Tonnen
CO2-Ausstoß so hoch wie noch nie

Die Erholung der Weltwirtschaft von der Pandemie geht deutlich zu Lasten des Klimas und der Umwelt: Laut der Internationalen Energieagentur war der CO2-Ausstoß 2021 so hoch wie nie zuvor – für ein Drittel verantwortlich ist China.

Durch die Erholung der Weltwirtschaft von den Folgen der Corona-Pandemie und eine verstärkte Verbrennung von Kohle sind die energiebedingten CO2-Emissionen im vergangenen Jahr auf einen neuen Rekordwert gestiegen. …

Den kompletten Bericht finden Sie hier.