Donnerstag, 31.März

Heute haben
Francois Villon * 1431
Alexandra Kollontai * 1872
Octavio Paz * 1914 (Nobelpreis 1990)
Hartmut Lange * 1937
Geburtstag.
Aber auch Joseph Haydn.
Es ist der Todestag von Charlotte Bronte und Christian Morgenstern.
Und gerade habe ich erfahren, dass Gianmaria Testa gestorben ist.
Er wurde nur 57 Jahre alt.
Ich wollte eigentlich heute den Film „Blau ist ein warme Farbe“ vorstellen, lasse das aber und setze ein paar Musikstücke von Testa auf den Blog. Lieder, die mich seit Jahren begleiten und intensiv berührt haben.

Christian Morgenstern

Brenne durstig himmelan!
Brenne stumm hinab! Doch – brenne!
Daß dein Los von dem sich trenne,
Der sich nicht verschwenden – kann.
Laß ihm seine Angst und Not!
Du verstehe nur den – Tod.

Ein finstrer Esel sprach einmal
zu seinem ehlichen Gemahl:
„Ich bin so dumm, du bist so dumm,
wir wollen sterben gehen, kumm!“
Doch wie es kommt so öfter eben:
Die beiden blieben fröhlich leben.
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Gianmaria Testa:
Es gibt keinen Zoll mehr am Brenner, die Grenze bleibt.
Die Alpen bilden eine größere Barriere als in den Abkommen vorgesehen.
Und eine Grenze behalten wir auch in uns, jeder seine eigene, auf den Kilometern, die unter den Reifen unseres Neunsitzers dahinziehen.

Patrick spricht Englisch mit den anderen und Französisch mit mir, weil ich kein Englisch verstehe. Philippe antwortet ihm auf Englisch, aber mit uns übt er ein farbenreiches eingespanischtes Italienisch. Nicola und Giancarlo haben einen Emilia Romagna-Tonfall, auch wenn sie sich in fremde Sprachen wagen, ich kann gelegentliche Worte auf Piemontesisch nicht unterdrücken.
An den Konzertorten schauen uns die lokalen Techniker während der Proben neugierig an, und ich glaube, sie denken an Babel.
Wir wissen, dass es nicht so ist.
All dieses Herumreisen hat uns eine merkwürdige gemeinsame Sprache geschenkt, die schon Musik ist, bevor wir zu spielen anfangen.
Wir überqueren den Brenner ohne Zollhalt.
Jeder trägt, offen, seine Grenze in sich.

Richard Robert:
Gesang ist nicht nur Klang: Er ist auch Duft, leicht und unwiderstehlich, gelegentlich sogar obsessiv.
Seine poetische Alchimie gründet sich vor allem auf die intime Wahrheit dessen, der ihn verströmt. Gerät er mit der Luft in Schwingung, wird er angereichert, entzündet sich beim Kontakt mit der Außenwelt, ernährt sich von der Energie derjenigen, die ihm zuhören. Die großen Stimmen, die in unser Inneres dringen und uns nicht mehr verlassen, sind nicht diejenigen, die uns durch technische Finessen überfallen, sondern vielmehr solche, die den höchsten Grad der Menschlichkeit erreicht haben und dadurch von jenem geheimen Weg zwischen der tiefen Seele, die die Stimmen entstehen sieht und der weiten Welt, die sie empfängt, kündet.
So ist die Stimme von Gianmaria Testa.

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Dienstag, 5.April um 19 Uhr
„Die erste Seite“
Wir stellen vier neue Bücher vor
Es liest Clemens Grote
Mario Vargas Llosa: „Sonntag“
Lot Vekemanns: „Ein Brautkleid aus Warschau“
Christoph Hein: „Glückskind mit Vater“
Als Gast Florian Arnold, der sein neues Buch:
„Die Ferne“ vorstellt und daraus vorlesen wird
Live Musik: Road String Army
Eintritt frei
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Wis--awa

Mittwoch, 6. April 2016 um 20 Uhr
Stadthaus Ulm
TOMASZ STANKO NEW YORK QUARTET
Tomasz Stanko, tp – David Virelles, p – Reuben Rogers, b – Gerald Cleaver,dr

Raimund Kast schreibt:
Liebe Musikfreunde,

mit Polens Ausnahmetrompeter Tomasz Stanko und seinem New York Quartet setzen wir am kommenden Mittwoch, 6. April, im Ulmer Stadthaus die Reihe unserer Geburtstagskonzerte fort.

Der 73-jährige Stanko gehört zu jenen Virtuosen auf seinem Instrument, für die das so oft gebrauchte Klischee des „eigenen Sounds“ wirklich gelten kann. Mit seiner Tonbildung, seiner Phrasierung setzt er sich vom Gros der Jazztrompeter deutlich ab.
In sein New York Quartet hat er sich drei der aktuell interessantesten jüngeren New Yorker Musiker geholt. Der auf Kuba geborene Pianist David Virelles besitzt feine Antennen für das dunkle Brüten in Stankos freien Balladen und reflektiert in seinem Spiel auch die afrikanischen Wurzeln des Jazz und südamerikanische Melancholie. Das Rhythmusgespann aus Bassist Reuben Rogers und Schlagzeuger Gerald Cleaver (der bereits bei unserer New York-Reihe die Besucher im Stadthaus begeistern konnte) ist eines der einfühlsamsten in der heutigen improvisierten Musik. Absolut meisterhaft gelingt Tomasz Stanko so mit seinem Quartett der Spagat zwischen Alt und Neu, zwischen Tradition und Innovation, zwischen Komposition und Improvisation!

Beginn ist um 20 Uhr. Eintritt: 25,- / 20,- (erm.)
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Premiere am Samstag, 9. April 2016 um 20 Uhr
Café JEDERMANN
in Ulm, Neue Straße 100,
Eintritt € 10,-
Ein Tresenlesen in 5 Stadien:
Wermut – Wein – WaHrsteiner – Whiskey – Wasser
Treibstoff Alkohol
Für manche Dichter ist der Tresen die Triebfeder für das eigene
Schaffen. Andere wiederum nutzen den Kosmos der Bar als Inspiration. Und manch
Einsamer sucht dort Zuflucht – und findet den Absturz. Um Hochprozentiges
aller Art dreht es sich im neuen Programm der Flugfische, einem literarisch-
musikalischen Streifzug durch die Welt der Bars und Spirituosen, mit bekennenden
Trinkern und armen Schluckern, mal heiter, mal gehaltvoll.

Mittwoch, 30.März

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Heute haben
Paul Verlaine * 1844
Sean O`Casey * 1880
Jean Giono * 1895
Tom Sharpe * 1928
Uwe Timm * 1940
Gert Heidenreich * 1944
Geburtstag
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Unser Buchtipp:

Buchcover - Gioacchino Criaco Schwarze Seelen

Gioacchino Criaco:Schwarze Seelen

Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl
Folio Verlag € 22,90

Das Titelbild stammt aus der Verfilmung des Romanes, der schon 2008 in Italien erschienen ist und groß beachtet worden ist.

„Criaco erzählt einen vergessenen Teil Italiens.“
La Stampa

„Africo, das schwarze Loch Kalabriens, Land der ‚Ndrangheta, aus der Innenperspektive erzählt.“
La Repubblica

„Schwarze Seelen erzählt ein finsteres Italien.“
Roberto Saviano

„Am Begräbnis der mafiösen Mafiaopfer nehmen nur die Frauen teil. In Africo hat jeder Blick eine Bedeutung, jedes Schweigen schreit.“
La Repubblica

Beim Lesen war ich mir nie sicher, in welche Richtung die Geschichte geht. Ob es ein biografischer Roman ist, wieviel vom Autoren selbst drinsteckt. Dieses Denken habe ich längst abgelegt, da ich weiss, ein Roman ist ein Roman. Jedoch hier ist es manchmal so nah, so authentisch. Criacos Vater wurde bei einer Blutfehde ermordert, sein Bruder gehörte zu den zehn meistgesuchten Verbrecher Italiens und sitzt für 19 Jahre im Gefängnis. Auch der Lebensweg des Hauptprotagonisten ähnelt sehr stark dem des Autoren. Criaco hat es geschafft, studierte Jura und hat diesen Teil seines Lebens in mehreren Romanen und Verfilmungen bearbeitet. Dies wohl nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Gegend in Kalabrien, die kahle Landschaft im Aspromonte-Gebirge, für sein Dorf Africo und seine Bewohner.
Es gab dort nichts außer Ziegen. Der Vater war Ziegenhirte und der Sohn dann auch. Um der Armut zu entkommen nehmen schon die Alten Kontakt zu Kriminellen auf, zur Mafia. Lassen sich mit ihnen ein, halten sich jedoch immer auf Distanz zu ihnen. Sie verstecken Mafiaopfer in ihrem abgelegenen Gebirge, bis Lösegeld bezahlt worden ist. Ein guter Nebenerwerb, der relaiv sicher war und trotzdem der Mafia die Türen weit öffnete für ihr eigenes Machtbestreben.
Die Söhne lernen von den Vätern und die drei Jungs, um die es in „Schwarze Seelen“ geht, lernen schon von Kindheit, mit Verbrechen, Gewalt, Betrug umzugehen. Um sich Schuluniformen kaufen zu können, brechen sie in Häusern ein, begehen Überfälle und genießen das Leben mit Geld in den Taschen. Es sind die 60er und 70er Jahre und die „Söhne der Wälder“, wie sie sich nennen, schlittern immer mehr in kriminelle Machenschaften. Während der Studienzeit in Mailand dealen sie, in immer größerem Stil, mit Heroin und begehen sogar einen Auftragsmord in Frankreich an einem arabischen Politiker.Das sind die 80er Jahre und Italien ist zerrissen von Gewalttaten von links und von rechts. Das Bombenattentat in Bologna schreckt ganz Europa auf.
Criaco schreibt dies ohne Skrupel auf. Er beschreibt das Böse, die Gewalt, ohne sie zu bewerten. Er erzählt, er moralisiert nicht. Seine Sprache ist einfach und direkt. Er will ein Chronist dieser Zeit sein. Ein Erzähler der Region. Erzähler einer archaischen Zeit, die es so nicht mehr gibt.
Das ist ihm gelungen.

Leseprobe

Dossier zum Buch und ein Gespräch mit dem Autoren.

Dienstag, 29.März

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Heute haben
Yvan Goll * 1891
Ernst Jünger * 1895
Georg Klein * 1953
Jo Nesbo * 1960
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Nach dem schönen langen Wochenende, stellen wir Ihnen heute ein Ferien-Mädchenbuch vor.

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Ute Wegmann: „Dunkelgrün wie das Meer
Mit vielen Illustrationen von Birgit Schössow
dtv (gebunden) € 12,95
als E-Book € 9,99

Endlich Ferien, endlich wieder an das geliebte Haus am Meer, wie die letzten Jahre. Die Eltern packen das Auto, Linn versucht nichts zu vergessen. Sie freut sich auf die Tage am Meer, am Strand, mit ihren Eltern und auf ihre Freundin Smilla. Doch dieses Jahr kommt es anders. Die Eltern haben Knatsch. Auf der Hinfahrt im Auto, bei strömendem Regen, herrscht eine giftige Stimmung und Linn rollt sich auf dem Rücksitz zusammen und träumt sich weg. Linns Vater hat noch einen wichtigen Termin und muss am selben Tag noch einmal zurück, um drei Tage später endlich nachzukommen. So geschieht es und Linns Mutter ist über diese Situation wütend und hat auch nicht die Muße, sich um Linn zu kümmern. Aber es kommt noch schlimmer. Smille, die erwähnte Freundin, steckt mit einem anderen Mädchen zusammen, gackert und tuschelt mit ihr rum und lässt Linn links liegen.
Irgendwie ist dies für Linn zuviel und vielleicht braucht es ein reinigendes Gewitter, um die Situation wieder ins Lot zu bringen. Und dieses Unwetter kommt in Wort und Bild, während sich Linn in einer Holzhütte versteckt hält und von den Eltern und der Polizei gesucht wird. Die verquere Situation klärt sich auf und Linn ist ihre Einsamkeit und Trauer wieder los, denn sie weiss, dass sie sich auf ihre Eltern verlassen kann und dass Smilla immer noch ihre Freundin ist.

Ute Wegmann hat ein einfühlsames, ruhiges Buch geschrieben, dass die Gefühlswelt der neunjährigen Linn exakt trifft und in die wir uns gut hineinversetzen können. Die Illustrationen von Birgit Schössow passen ausgezeichnet dazu, wie Sie im Buchtrailer schön erkennen können.

Ich wünsche Ihnen mit diesem Buch einen guten Start in die zweite Ferienwoche.

Leseprobe
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Werner Färbers Ungereimtheiten der Woche
Der Osterhase (für Erwachsene)

Es wollt‘ verstecken jüngst der Osterhase,
weil das die Leut‘ auch so von ihm erwarten,
die frisch bemalten Eier gut im Garten.
Des Hasen Duft stieg in des Hundes Nase.

Während der Has‘ sich Ei versteckend bückte,
pirschte sich der Hund auf leisen Pfoten an,
einzuverleiben sich Herrn Mümmelmann.
Die Flucht jedoch Dank wilder Haken glückte.

Hechelnd floh der Hase übern S-Bahn-Damm,
raste flink vorbei am süßen Osterlamm
und spürte bald den Hund nicht mehr im Nacken.

Kaum hatte der nämlich das Lamm gesehen,
ließ er erst a) den Hasen einfach gehen,
um b) die leichtre Beute dann zu packen.

Osterfest CCCXII (für Kinder)

Ein Has‘ entdeckt im Wiesengrund
ein Nest mit angemalten Eiern.
Aus Freude über diesen Fund
sieht man ihn mit Freunden feiern.