Frei-Tag

Bevor der Schnee kam
Bevor der Schnee kam

Dies ist kein Schreibfehler, sondern tatsächlich ein freier Tag.
Der nächste Blogeintrag folgt am Montag wieder, da ich auch am Samstag frei habe..
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Eiskunst im Auto

Heute haben
Henry Longfellow * 1807
John Steinbeck * 1902
Lawrence Durrell * 1912
Elsiabeth Borchers * 1926
und Rasmus
Geburtstag
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Am Tag darauf, dem ersten Dienstag im Monat, gibt es keine vier neue Bücher sondern das zweimal jährlich stattfindende „Shortlistlesen„.
Clemens Grote liest aus den vier nomonierten belletristischen Büchern für den Leipziger Buchpreis 2015 vor. Danach stimmen wir ab und ermitteln unser eigenes Siegerbuch.

Mit im Rennen sind:

Ursula Ackrill: “Zeiden, im Januar”
Teresa Präauer: “Johnny und Jean”
Norbert Scheuer: “Die Sprache der Vögel”
Jan Wagner: “Regentonnenvariationen”
Michael Wildenhain: “Das Lächeln der Alligatoren”

In den Kategorien Sachbuch/Essayistik und Übersetzung wird auch noch eine Siegerin/ein Sieger ermittelt.

Sachbuch/Essayistik

Philipp Felsch: “Der lange Sommer der Theorie. Geschichte einer Revolte. 1960 bis 1990″
Karl-Heinz Göttert: “Mythos Redemacht. Eine andere Geschichte der Rhetorik”
Reiner Stach: “Kafka. Die frühen Jahre”
Philipp Ther: “Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa”
Joseph Vogl: “Der Souveränitätseffekt”

Übersetzung

Klaus Binder: übersetzte aus dem Lateinischen: “Lukrez: Über die Natur der Dinge”
Elisabeth Edl: übersetzte aus dem Französischen: “Patrick Modiano: Gräser der Nacht”
Moshe Kahn: übersetzte aus dem Italienischen: “Stefano D’Arrigo: Horcynus Orca”
Mirjam Pressler: übersetzte aus dem Hebräischen: “Amos Oz: Judas”
Thomas Steinfeld: übersetzte aus dem Schwedischen: “Selma Lagerlöf: Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden”
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Ein Nachtrag noch zu unserer Literalotto-Veranstaltung am vergangenen Rosenmontag.
Ein Foto des spontanen Gedichtes habe ich zwar schon veröffentlicht, hier kommt nun die transkribierte Fassung.


Egoist

Laufen fast schon als erster den Kopf drehen
Leise wandert der See gegen neugierige Zaungäste
Sind wir eher Feinstaub an roten Ampeln
An mich vor einem Spiegel
erdachten Augen in einem Mondkrater die längste Nacht
Nahtlos und sauber im Brennnesselschatten
vergessen und „in uns ist Glut!“
Wie die Spinne im Netz lauert
Warnung bodenlose Gemeinheit: Dank eines Doppelschlages
selbst mit offenen oder geschlossenen Zähnen
gehen auf Monsterjagd Zweifel
darum herrscht dicke Luft an diesem Septembertag
handeln bald überflüssig
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Auf eine weitere Veranstaltung bei uns in der Buchhandlung möchte ich Sie noch aufmerksam machen.

Freitag, 27.März um 19 Uhr
Thomas Thiel: Als Militärpfarrer
in Afghanistan
Bei uns in der Buchhandlung

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Thomas Thiel berichtet über seinen monatelangen Aufenthalt als Seelsorger in deutschen Camps in Afghanistan.
Eingeholt hat mich diese Thema bei der Lektüre von Nobert Scheuers Buch: „Die Sprache der Vögel“, das für den Leipziger Buchpreis 2015 nominiert ist. (s.o.)
Geschildert wird im Roman die Zeit eines jungen Soldaten in einem deutschen Camp in Afghanistan und seine wahnsinnige Sehnsucht über den Schultzwall zu steigen und heimlich an einem etwas entfernten See Vögel zu beobachten. Dass dies alles nicht gut ausgehen kann, versteht sich von selbst.
Thomas Thiels Tatsachenbericht bekommen wir dann in seinem Vortrag, den er mit Bildern unterfüttert hat.
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Ich wünsche Allen ein schönes Wochenende.

Donnerstag

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Heute haben
Victor Hugo * 1802
Hermann Lenz * 1913
Elizabeth George * 1949
Michel Houellebecq * 1958
Atiq Rahimi * 1962
Geburtstag
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Und bei Victor Hugo sind wir schon beim Thema.
Gestern war Dr.Horst Lauinger bei uns im Laden und stellte den Manesse Verlag vor, den er seit 15 Jahren leitet.
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Gleich zu Beginn stellte er klar , dass dies keine Verkaufsveranstaltung für Heizdecken sei, dass das Leben ohne ein (Manesse)-Buch jedoch sinnlos sei. So, oder so ähnlich. Bei meiner Begrüßung erzählte ich kurz, wie ich ihn getroffen hatte. Vor eineinhalb Jahren stand ein größerer Herr am Klassikerregal und als ich fragte, ob er Hilfe bauche, meinte er, dass wir hier ordentlich viel Manesse-Bücher haben. Ich brummelte etwas von naja und ich weiss nicht. Doch, doch, hier und hier und hier stehen sie doch. Und er stellte sich mir als der Verlagsleiter des Verlages vor, der gerade auf dem Weg nach Biberach sei. Dort wurde Eike Schönfeldt der Wieland-Preis für seine Übersetzung von „Winesburg, Ohio“ überreicht, das im Manesse Verlag erschienen ist.
Darauf meinte gestern abend Herr Lauinger, dass der zum einen feststellen will, dass er bei mir tatsächlich noch ein Kinderbuch gekauft habe und bei den anderen Ulmer Buchhandlungen keines seiner Bücher gefunden hatte und sich auch nicht geoutet hätte. So war dies also auch geklärt und er konnte beginnen. Er überreichte mir eine kleine Stofftasche und ein Parfumtuch – beides Werbeartikel aus längst vergangenen Tagen, die er in irgendwelchen Verlagsschubladen gefunden hat. So versprach ich, das feine Tüchlein am nächsten Samstag als Einstecktuch im Jackett zutragen.

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Gegründet wurde der Verlag und seine Reihe: „Bibliothek der Weltliteratur“ im Jahre 1944 (!) in der Schweiz. Die Idee stand schon 1942 fest. Die Vorstellung, zu dieser Zeit, als noch niemand wusste, wie es in Europa weitergeht, einen Verlag mit den besten literarischen Werken aus der ganzen Welt auf die Beine zu stellen, klingt  verwunderlich und zeigt schon die Richtung, an der der Verlag immer noch festhält. Nicht nur an die Autoren des eigenen Landes zu denken und deren Klassiker auf hohe Sockel zustellen, war die Idee, sondern uns Leser auf eine Reise um die Welt mitzunehmen. Die Rechung ging auf, wenn auch langsam, und in den 50er- und 60er-Jahren hatte der Verlag die höchsten Auflagen, da das Bildungsbürgertum ausgehungert war, die Bibliothek zerstört, das Fernsehen noch nicht das Ablenkungsmedium Nummer eins war.
Das Format war eine Kopie einer Klassikerreihe des englischen Oxford Verlages und die hochwertige Qualität sollte mit der Weltliteratur im Inhalt korrespondieren. Endlich gab es Bücher aus Japan, aus dem vorderen Orient, aber auch Entdeckungen aus den USA und Europa. Ein einziges Mal gelang es dem Verlag mit einem Buch auf Platz eins der Spiegel Bestsellerliste zukommen. Es war das Buch mit Robert Redford, erzählte Horst Lauinger lachend und meinte natürlich Tanja Blixens Roman: „Jenseits von Afrika“, dessen Verfilmung gerade mit Reford in der Hauptrolle im Kino lief.
Horst Lauinger berichtete über die Wertigkeit seiner Bücher, über die Art der Herstellung, warum es keine Lederausgaben mehr gibt, wie sich das Leseverhalten geändert hat und wie Manesse versucht, darauf zu reagieren, um weiterhin Klassiker produzieren zu können. Ein Punkt ist, dass das kleine Format sich aufgelöst hat und dass es seit einigen Jahren auch Romane im „normalen“ Format und in Übergrößen gibt. Zum Beispiel das Buch „Wildfrüchte“ von Henry David Thoreau, das in rotem Leinen und Schuber aufgelegt wurde. Der Text wurde neuübersetzt und zeigt Thoreaus Tagebuch während seiner Zeit im Wald. Ihn hat damal schon genervt, warum seine Mitbürger asiatische Pflanzen im Garten haben, wo doch die einheimische Natur so reichhaltig ist. Manesse fand eine Illustratorin, die gleichzeitig auch noch Botaniker ist und so auch wusste wie und was sie zeichnen sollte. Ein Glückstreffer für den Verlag und für uns Leser. Der dicke Schuber mit den zwei Bänden mit den „Geschichten des Prinzen Genji“ hat auch eine schöne Anektode auf dem Buckel. Längst war es im Verlag vergriffen und eine neue Auflage lohnte sich nicht. Da fand sich ein Schweizer Ehepaar, die sich dieses Buch täglich und in Endlosschlaufe gegenseitig vorlas. Die wollten das Werk wieder lieferbar wissen und traten als Sponsoren auf den Plan. Bedingungen: Keine Neuübersetzung, keine Fehlerkorrektur und im kleinen Manesse-Format. Auf die ersten beiden Punkten ging der Verlag ein, das Format wurde tatsächlich auch wegen einer besseren Lesbarkeit verändert. Und wie! Die Bände schimmern in einem Stoff, dass an einen Kimono erinnert, stecken in einem herrlichen Schuber und präsentieren diesen ersten Roman der Weltliteratur, der von einer Frau geschrieben worden ist.

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Horst Lauinger erzählte von Henry James und dass der Farbschnitt von hand aufgetragen wird,  von Ernest Hemingway, von Problemen der Übersetzungen und las dann auch Teile aus Briefen vor, die den Verlag diesbezüglich erreichten. Und somit sind wir endlich bei Victor Hugo, wie oben schon erwähnt. Der Verlag hatte schon lange eine Übersetzungen der „Elenden“ im Programm, und entdeckte, dass daran etwas nicht stimmen könne und dass große Teile des Originales fehlen würden. Der Übersetzer rechtfertigte sich in einem Brief, warum er Passagen ausgelassen habe. Die Franzosen kennen wohl alle dieses dicke Werk, aber die Wenigsten haben es wohl zur Gänze gelesen. Viele Passagen seine für deutsche Leser nicht wichtig und belanglos. Aber gleichzeitig sei seine Übersetzung angemessen und modern. Und so ging es weiter und wir Zuhörer hatten ordentlich zu schmunzeln. Auch eine Kritik von Dennis Scheck an einer Jane Austen-Übersetzung (war es das, ich hab’s vergessen), trug Herr Lauinger vor und es war zum Brüllen komisch, wie Scheck seinen Text immer wieder mit Original-Zitaten aus dem Buch schmückte. Herrlich. Sie sehen, meinte der Verlagsleiter, auch solche Dinge passieren.
Dies als kleine Zusammenfassung eines schönen Abends. Sicherlich habe ich viele wichtigen Dinge vergessen. Über allem stand jedoch, wie wichtig Bücher für uns Menschen sind. Wie wichtig es ist, dass wir das Lesen nicht verlernen  und dass es eine große, schwierige Aufgabe in den Schulen ist, den Schülern die Angst vor den Werken der großen Toten zu nehmen.
Vielen Dank, Herr Lauinger für den schönen Abend, und dass Sie trotz Nockerberg und Champions League zu uns gekommen sind. Sie werden bei uns auch weiterhin Manesse-Bücher im Regal finden.
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Und mit einem satten Mond un einem von innen beleuchteten Münster ging es dann wieder auf die Alb.

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Mittwoch

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Heute haben
Carlo Goldoni * 1707
Karl May * 1842
Anthony Burgess * 1917
Erica Pedretti * 1930
Amin Maalouf * 1949
Franz Xaver Kroetz * 1946
Geburtstag

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„Für das, was in einem einzigen Menschen Platz hat, ist die Aussenwelt zu klein, zu eindeutig, zu wahrhaftig.“
Franz Kafka in einem Brief an Felice Bauer
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Franziska Gehm und Horst Klein (Ill.): „Was macht der Mann denn da?“
Klett Kinderbuch Verlag € 12,95
ab vier Jahren

Etwas durchgedreht ist das Bilderbuch schon. Aber kennen wir nicht die englischen Gundschulverse, die wirklich auch nicht politisch korrekt sind. Hier also ein (tatsächliches) Mutter-Kind-Gespräch, in dem alltägliche Situationen ganz anders erklärt werden. Und es stellt sich wirklich die Frage: Ist es vielleicht nicht tatsächlich so? Ich meine, wer von uns versteht schon, wenn wir auf unseren Smartphones herumwischeln und mit Siri und Frau Google reden, wie das funktionieren kann? Siehe Kafka. Und machen wir uns nicht (heimlich) über bestimmte Verhaltensweisen von Mitmenschen auf der Straße lustig? Sind nicht die Walker die Mantafahrer der Marathonläufer?
Hier bekommen Sie endlich erklärt, was die Menschen in ihren Handflächen suchen und finden und warum sie darauf herumwischeln. (Sehr schön nachzulesen in der Leseprobe). Oder warum die Person mit hochrotem Kopf und Skistöcken durch die Stadt hetzt. Und wenn der Mann an den leuchtenden Laternenmast pinkelt, dann dient es dazu, dass die gelbe Farbe in die Lampe kommt. Der Raucher kann vielleicht auch gleich Feuer spucken. Achtung. Und weil die Chefin der Mama auch immer wieder Feuer spuckt, wird sie von der Mama auch Drachen genannt, sagt ihr kleiner Sohn. Dem tätowierten Mann gehen immer die Malpapiere aus und so schreiben seine vielen Kinder auf seiner Haut weiter. Und der Kleine meint, dass die vielen Ringe in seinem Gesicht sicherlich von seinen vielen Frauen sind. Und so weiter und so weiter.
Dazu die wirklich frechen, ausdrucksstarken Holzschablonendrucke von Horst Klein, die dieses Buch zu einem besonderen Bilderbuch machen.
Wie gesagt: überdreht, frech. Aber warum kein Spiel daraus machen und sich die Umwelt mal ganz anders erklären. So vieles ist einfach da, alle wissen wofür sie nützlich sind. Aber stimmt das wirklich? Ich meine, ich sitze hier vor einer kleinen Maschine mit Bildschirm und hämmere auf Tasten und gleichzeitig nimmt mich die eingebaute Kamera auf und Obama hat seine Freude mit mir. Alles nicht ganz so eindeutig.
Also los gehts. Nehmen Sie ihre Kleinen und schauen sich die Nachbarschaft mit anderen Augen an. Sie finden sicherlich einen Sack voller Erklärungen. Einfach neugierig bleiben.

Leseprobe
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Sind Sie neugierig, was sich im Manesse Verlag alles tummelt und tut?
Dann schauen Sie heute abend ab 19 Uhr bei uns in die Buchhandlung.
Der Verlagsleiter Horst Lauinger stellt uns den Verlag mit den vielen Klassikern vor.
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